Ich habe letztens angefangen auszumisten – und das obwohl es bei mir eigentlich fast immer ordentlich aussieht. Aber wie bei fast jedem Menschen, gibt es auch bei mir Ecken und Schränke die im Chaos versinken. Irgendwann ist mir das Chaos zu groß geworden und mich hat eine innere Unruhe erfasst, dass ganze anzugehen.
Der Impuls dazu kam von meiner lieben Freundin, die mir begeistert davon erzählt hat, dass sie mit dem Buch „Magic Cleaning: Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert“ von Marie Kondo ihr Zimmer ausgemistet und nahezu 50% aller Dinge entsorgt hat. Und jetzt, sagt sie, fühle sich alles frei an, der Kopf kann wieder atmen. Das Schönste ist, wenn man richtig ausgemistet hat und die Prinzipen der „KonMari“-Methode anwendet, ist man am Ende nur noch von Dingen umgeben, die einen wirklich glücklich machen. Stell dir vor, du kommst nach Hause und alles ist aufgeräumt, alles ist an seinem Platz und alles was du siehst erfüllt dich mit Glück.
Das klang so fantastisch für mich, dass es nicht lange gedauert hat bis ich mir das Buch als Hörbuch besorgt habe. Ausmisten schafft nicht nur Platz und Ordnung, sondern es wirkt auch auf Seelenebene, weil man sich damit beschäftigt, was einem wirklich ausmacht und was von den Sachen man behalten will und was nicht mehr zur eigenen Identität gehört. Ich war begeistert. Also falls es dich ruft, kann ich das Buch/Hörbuch nur empfehlen!
In diesem Zusammenhang habe ich also auch meine Ecke ausgemistet, die voller Schuhe war, die ich nicht mehr trage. Ein Paar erregte meine Aufmerksamkeit besonders. Es war mein erstes paar „Wildlinge“, meine allerersten Barfußschuhe. Es waren Winterbarfußschuhe in gelb/ocker – meiner Lieblingsfarbe – und sie waren innen ganz flauschig weil sie aus Schafwolle waren. Jetzt kommt der Haken: Ich habe sie vermutlich nur ein oder zwei mal getragen, weil sie mir irgendwie zu klein waren. Ein erneuter Schuh-Test ergab: „Nope, immer noch zu klein.“
Damit habe ich eingesehen, dass es sinnlos wäre sie aufzubewahren und habe entschieden, ihnen ein neues zu Hause über „Vinted“ zu schenken. Vinted ist eine Verkaufsplattform, wie Ebay oder Ebay Kleinanzeigen, die sich auf Kleidung spezialisiert hatte. Ich hatte sie zwar noch nie benutzt, aber so schwer kann das schon nicht sein. Also fotografierte ich meine Schuhe, ließ ChatGPT einen tollen Text verfassen und stelle sie online. Den Originalpreis wusste ich nicht mehr, aber da ich weiß, dass die Schuhe in der Regel recht teuer sind, gab ich 50 EUR an. 50 EUR für meine „Camper-Spardose“, um irgendwann meinen Camper-Ausbau-Traum zu verwirklichen, wären doch cool.
Keine zwei Minuten später erschien auf meinem Handy-Display folgende Nachricht: „Deine Wildling-Schuhe wurden verkauft“. Ähm … was? Das ging mir jetzt irgendwie zu schnell. Gerade hatte ich sie wiederentdeckt und mich durchgerungen sie loszulassen und jetzt soll ich sie direkt hergeben?
Na gut, es war ja für einen guten Zweck – meinen Camper. Also suchte ich einen Karton und packe sie rein. Beim letzten Blick, bevor ich den Karton zumachte, überkam es mich, wie bedeutungsvoll dieser Moment eigentlich ist.
Diese Schuhe hatte ich im Februar 2019 gekauft, als ich noch meine 40 Std-Stelle hatte und ich erinnere mich sehr genau, dass ich sie das erste Mal trug, als über Nacht so viel Schnee gefallen war, dass es am Morgen genauso lange gedauert hätte, dass Auto freizuschaufeln, wie ins Büro zu laufen. Also entschied ich mich den 30 minütigen Spaziergang auf mich zu nehmen und direkt mal die Schuhe auszuprobieren. Ich weiß noch, dass ich ganz aufgeregt war, ob ich wohl bei so einer dünnen Sohle kalte Füße bekommen würde, ob sie den Schnee abhalten würden oder ich am Ende mit nassen Eisfüßen im Büro ankommen würde. Keine Sorge, es war alles gut als ich im Büro ankam 😉
Diese Schuhe waren der Anfang einer Vision. Die Vision des Remote Arbeitens. Ich fand die Schuhe cool und außergewöhnlich und hatte nach meinem Kauf natürlich automatisch den Newsletter abonniert. In dem Newsletter wurde unter anderen über die Geschichte der Firma informiert und ich fand es damals schon so faszinierend, wie zwei Menschen sich auf machten, um für ihre Kinder optimale Schuhe zu erschaffen, weil das was es auf dem Markt gab, nicht ihren Vorstellungen entsprochen hat. Ich las wie sie mit allen Produzenten, Lieferanten und dem Team zusammenarbeiten und so etwas individuelles auf die Beine stellten. Das Besondere an dieser Firma war, dass sie von Beginn an ein Remote-Unternehmen waren. Und so etwas war zu dieser Zeit in Deutschland noch kaum bekannt.
Als Corona ein Jahr später kam, erfuhr ich – ich glaube über den Newsletter – dass Wildlinge angesichts der aktuellen Situation einen Online-Vortrag halten um der Welt zu berichten, wie ihr Remote-Arbeiten über das Internet funktioniert, welche Freiheiten und welche Verpflichtungen es mit sich bringt. Ich war sofort Feuer und Flamme mir das anzuhören. Es hat mich förmlich dahin gezogen. Also habe ich alles möglich gemacht, den Call live zu verfolgen und ich war fasziniert von der Arbeitsweise.
Es gab ein „Board“ im Internet, an dem alle offenen Aufgaben hingen und die wurden, der jeweiligen Person oder Abteilung zugeteilt. Dann war es am Mitarbeiter dieses Thema zu bearbeiten und zu erledigen. Es gab regelmäßige Video-Calls zur Absprache und einmal im Monat traf sich das Team in Köln (?) live zu Abstimmung und um das Gemeinschaftsgefühl hochzuhalten.
Ich war angefixt, dass wollte ich auch! Zumal ich in meinem 40 Std im Büro sein, echt unglücklich war, erschein es mir wie der Himmel auf Erden frei in meiner Zeiteinteilung zu sein, Hauptsache die Aufgabe ist rechtzeitig erledigt.
Ich hab sogar die Stellenausschreibungen gecheckt, die Webseite analysiert und ein Bewerbungsschreiben mit Verbesserungsvorschlägen für den Webshop fertig gemacht – aber ich habe die Mail nie abgeschickt. Irgendwie hatte ich doch zu viel Angst vor der Veränderung, vor den langen Zugfahrten in das unbekannte Köln, zu unbekannten Leuten. Ich wusste nicht, wie ich mit der Einsamkeit im Homeoffice umgehen würde und ich hatte Angst meine Lieblingskollegin zu verlieren. Der Wunsch, auf diese Art zu arbeiten, der blieb aber dennoch.
Als ich dann gekündigt hatte, mein Business nicht lief und ich wieder nach Teilzeitstellen Ausschau hielt, da wusste ich innerlich: Es soll eine Remote-Stelle sein. Bitte liebes Universum, ich möchte das so gerne ausprobieren. So gerne!
Und ich stellte es mir jeden Tag vor. Wie ich ohne Wecker aufstehe, wie ich auf dem Balkon sitze und arbeite, wie ich 14 Uhr an einem normalen Tag einfach sagen kann: ich gehe jetzt zu den Acroyogis und arbeite den Rest heute Abend. Ich habe mich so sehr in diese Vorstellung reingefühlt und ich habe nicht daran gezweifelt, dass es meine Zukunft ist. Und nun, et voila.
In dem Moment, wo ich die Schuhe ins Paket lege und den Deckel schließe, wird mir bewusst, dass ich diesen Traum nun seit bald 2 Jahren lebe. Und ich liebe es. Es fühlt sich so frei an. Genauso wie ich es mir gewünscht habe. Klar ist es nicht immer leicht, und sicher bringt es Herausforderungen mit sich, die man im Büro nicht hätte. Angefangen über den Team-Spirit, über Arbeitszeiten usw. Aber alles in allem, bin ich glücklich damit. Und ich bin glücklich, dass ich mir dieses Leben erschaffen habe. Dass ich es ausprobieren konnte. Dass ich keinen Zweifel hatte, dass es zu mir kommt.
Meine liebe Freundin hat mir letztens gesagt: Schau was du dir erschaffen hast! Die meisten Menschen hängen in ihrem 40-Std-Büro-Job fest und du bist frei. Du hast es dir manifestiert. Und sie hat so Recht. Wenn wir etwas wirklich wollen, wenn wir uns danach ausrichten, Wege gehen die in diese Richtung unserer Träume führen, wenn wir nicht zweifeln, dann können wir uns alles erschaffen. Wir können unser Leben selber gestalten, nach unseren Wünschen. Wir sind nicht ausgeliefert, es zu machen, wie alle anderen.
Sei mutig und glaube an deine Wünsche!
Nun freut sich die neue Besitzerin über meine Schuhe, und nur weil ich ihnen ein neues Zuhause geschenkt habe, und ein Umfeld, in dem sie auch getragen werden und ihren Zweck erfüllen (Frau Marie-Kondo wäre begeistert, zu hören, dass die Schuhe nun den Menschen dienen können und nicht achtlos in der Ecke stehen), ist mein Kapitel Remote-Arbeit noch nicht abgeschlossen.
Meine Schuhe haben mir nur auf liebevolle Art gezeigt, dass alles möglich ist, wenn ich an die Vision meiner perfekten Arbeitswelt glaube.